Donnerstag, 22.2. – Tag 8 – Daniel

FORUM EXPANDED:

57.

ESCAPE FROM RENTED ISLAND – THE LOST FILMS OF JACK SMITH

Every time I see glitter makeup, a part of my soul dies.“ – Jack Smith

Im Laufe der letzten Jahre und Jahrzehnte sind viele Filme über den New Yorker Underground-Filmemacher Jack Smith und posthume Ur- oder Neuaufführungen einiger seiner exzentrischen Super-8- oder Videofilme auf der Berlinale gelaufen. Um so lobender muss man diesen herausragenden nicht dokumentarischen Film-Essay erwähnen. ESCAPE FROM RENTED ISLAND behandelt das Werk und die Ästhetik von Jack Smith, der leider schon 1989 starb, in umfassender Weise. Der Film „FLAMING CREATURES“ von 1963 ist sein bekanntestes Werk. In ESCAPE FROM RENTED ISLAND wird nun unbekanntes oder unveröffentlichtes Filmmaterial aus drei Jahrzehnten mit Tonaufnahmen, Statements und Musik aus seiner umfangreichen Exotica-Plattensammlung präsentiert. Die skurrilen und wilden Exzesse, die Jack Smith hier inszeniert und auf Celluloid gebannt hat, atmen den Geist einer anderen Zeit der Freiheit der Kunst. Unvorstellbare Drag-Kostüme, Perücken und Make-Up mit Glitter vermischen sich hier mit esoterischen Homo-SM-Sex-Tanz-Art-Happening-Ritualen der unbekannten Art, und dazu feiert La Penguina, ein Stoffpinguin mit applizierten Glitzerbrüsten und rotem Turban à la Maria Montez, ihre Parade durch Rom. Maria Montez übrigens, die als „Queen of Technicolor“ bekannte Film-Diva aus der Dominikanischen Republik, stand auch im Fokus von Jack Smith, sie war seine große Muse und zentrales Thema vieler seiner Arbeiten. Weitere Filmkapitel beleuchten den ‚Tanz respektabler Kreaturen im Schlamm‘, Art Happenings bei einer Kunstausstellung in Deutschland in den siebziger Jahren, den Tanz der blauen Kobrafrau mit der Mumie oder eine irrwitzige Hamlet-Inszenierung in Drag. Im Originalton hören wir dazu die Stimme von Jack Smith, wie er sich zum Beispiel über die Schublade mokiert, in die er unter dem Etikett „Underground“ gesteckt wurde (ganz so als ob man selber ja gar kein Geld verdienen oder nicht erfolgreich sein wolle). Und da wir dazu noch die Klänge von Les Baxter, Bas Sheva und Korla Pandit vernehmen dürfen, ist der Genuss vollkommen.

Und der Rest des Tages steht ausnahmsweise nicht im Zeichen der Berlinale, denn heute abend findet ja schließlich die deutsche Vorentscheidung zum Eurovision Song Contest statt, da läuft der Fernseher!