Tag 4

Nach zwei Spielfilmen und einem Kurzfilmprogramm war eben Termin für mein Interview zu Goddess of the Fireflies
Coming of Age trifft es hier prima, zerstrittene Eltern, erste Liebe, erste Drogenerfahrung, Extase, Depression und irgendwas dazwischen. Unbedingt sehenswert und mit hörenswertem Soundtrack.

Regisseurin Anaïs Barbeau Lavalette Hauptdarstellerin Kelly Depeault

Paradise Drifters von Mees Peijnenburg Generation 14plus

Drei Leben die miteinander verknüpft werden, Yousef, der aus seinem Wohnheim flieht, Chloe, die nach einer Vergewaltigung schwanger wird und ihr Elternhaus verlässt und Lorenzo, der seinen Bruder im Knast besucht, um mit einer Drogenlieferung danach eine bessere Zukunft haben will. Zunächst sind sie auf sich alleine gestellt, Yousef will sich aufhängen und entscheidet sich doch anders, bricht in eine kleine Wohnung ein und hat erstmal ein Dach über dem Kopf, Chloe schlägt sich so durch und begegnet Yousef, die beiden sind zusammen unterwegs und doch in verschiedenen Wohnungen. Sie begegnen Lorenzo, der unauffällig in seinem Auto was futtert und sie zwingen ihn, sie mitzunehmen, nach Marseille, zu seinem Drogendeal. Der Drogendeal klappt, der lokalen Gang entkommen sie und dann bekommen sie von Lorenzo tatsächlich das versprochene Geld, ihren Anteil am Deal, bevor sie sich trennen und wieder alleine sind, im fremden Land mit der anderen Sprache. Chloe findet Menschenhändler und verkauft ihr ungeborenes Baby, bekommt dafür ein wenig Geld und eine eigene Wohnung. Yousef trifft sie im Leichenschauhaus, nachdem die Polizei sie über die Handynummer erreicht, diesmal blieb es nicht beim Selbstmordversuch. Lorenzo bekommt Besuch von seinem Bruder, Drogen, Prostituierte und Party, bis der Bruder mit dem Geld abhaut. Einfach abgezockt und niemand ist für ihn erreichbar, außer Chloe, zu der er in die Wohnung zieht und ein wenig entwickelt sich eine Beziehung zwischen Beiden, sie will das Baby loswerden und sie wissen noch nicht, wo es dann hingehen soll. Doch dann kommt der Bruder dazwischen, Lorenzo lässt ihn rein und alles schein wieder gut, seine wichtige Bezugsperson ist da. Klar, dass sein Bruder versucht ihn erneut abzuzocken, doch Chloe kommt dazwischen und sie werden ihn wieder los. Die beiden entwickeln sich zum klasse Team, sie bietet sich als Prostituierte an und dann zocken beide die Männer im Auto ab, nur so kommen sie an das Geld für die Abtreibung. Und die Flucht in eine ungewisse Zukunft gelingt, bis der Letzte Schrei am Bergsee rausgelassen wird.

Mees Peijnenburg lässt seine Figuren auf die Suche gehen, ein anderes, besseres Leben zu finden. Umgeben sind sie dabei von einer Umwelt, die sie zwar nicht feindlich behandelt, die aber wenn überhaupt, dann von ihnen profitieren möchte. Alle drei haben essentielle Probleme und verschiedenen Strategien, mit denen sie sie zu lösen versuchen und Scheitern ist dabei ein wichtiger Punkt, bis man eben aufgibt, wie Yousef oder sich als kriminell durchschlägt und feststellt, dass vieles einfach Stationen auf einem langen Weg sind. Zwischen schnellen Szenen gibt es immer wieder Ruhepunkte, langsame Kameraschwenks über Schlafplätze Obdachloser, Stillleben der Städte oder das Meer, Geräusche von bellenden Hunden, leere Betten. Intensiv ist die Szene des Schwangerschaftsabbruchs, die Kamera ist nah dran, der Schmerz fühlbar. Das Ende gibt Hoffnung, wohin auch immer die Reise der Beiden führen mag in ihrer ungewissen Zukunft. Hauptsache Spanien, Hauptsache Meer. Doch keiner wird frei von seinen Abhängigkeiten, das scheint klar. Ein sehenswertes Filmdebut von Mees Peijnenburg und die drei Hauptdarstellerinnen verkörpern ihre Figuren ebenso gut.

Yalda, a night of Forgiveness Massoud Bakhshi Generation 14plus

Wow, der Film wirkt wie eine makabere Zukunftsdystopie und dabei so realistisch, wie eben Realityshows im TV sein können, wenn es um Leben oder Tod geht oder eben hier um Verzeihung oder Rache, mit den gleichen Folgen. Eine junge Frau kommt mit ihrer Mutter im Fernsehstudio an, in Teheran. Ihre Mutter hatte die Idee, denn die junge Frau wurde bereits zum Tode verurteilt, da sie das Leben ihres wesentlich älteren Ehemannes hätte retten können, jedoch tatenlos blieb um sich von dieser Last zu befreien. In der Show mit Live Popmusik, Gästen aus Literatur und natürlich actionreichen Einspielungen des Tathergangs und des Prozesses geht es um Vergebung, die letztmögliche Chance, nicht hingerichtet zu werden. Sind sie für Vergebung stimmen sie mit Ja, wenn sie meinen, sie verdient keine Vergebung, stimmen sie mit nein, jetzt. Bei ja übernimmt unser Sponsor die Schadenersatzzahlungen an die Hinterbliebene und ab einer besonders großen JA-Stimmen Anzahl gibt es noch ein wenig Bonus. Man merkt gleich, es geht nicht nur um Vergebung, sondern auch ums Geld. Die Tochter des Verstorbenen scheint nicht bereit zu sein, für Vergebung, doch im Laufe der Sendung gibt es nicht nur Tränen, Segenswünsche zum religiösen Fest, sondern auch Gäste, die für unerwartete Wendungen sorgen, Intrigen, List und Erleichterung. Eben Alles, was zu einer Show gehört, in der es um Leben und Tod geht.
Wir sind von Anfang an hinter den Kulissen dabei, dürfen mithoffen und werden geschickt in die Geschichte der jungen Frau hineingezogen, die scheinbar gar kein Interesse hat, ihr Leben zu retten, hat sie doch erst neulich eine Totgeburt erlitten und mit dem Ableben des Mannes scheinbar keinen Grund mehr, am Leben zu bleiben. Geschickt wechseln wir die Perspektive, vom Regieraum in die Show und zu den Figuren, die eine erstaunliche Wandlung durchmachen. Am Ende holt ein Polizeiauto die junge Frau ab, während der Rest auf Taxis vor dem Studio wartet und irgendwie sind alle zufrieden, mit den hohen Einschaltquoten am Feiertag. AM Anfang fan ich die Geschichte sehr skurril, doch im Laufe der Geschichte erhalten wir faszinierende Einblicke in eine Welt des Patriachats, in der die Frauen Spielfiguren sind und Zugleich mit den Ton angeben, scheinbar zumindest. Ein soziales Drama als massenmediales Ereignis…stimmen sie jetzt ab